Richtlinie zum Zuckerverzehr (WHO)

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Die Richtlinie zum Zuckerverzehr ist ein Dokument mit Empfehlungen zum Zuckerverzehr, das die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am 4. März 2015 veröffentlicht hat.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat mehrfach Empfehlungen zur Reduktion des Zuckerkonsums herausgegeben. 2015 wiederholte die WHO ihre 2003 abgegebene Empfehlung, dass höchstens 10 Prozent der täglichen Kalorienaufnahme aus freien Zuckern bestehen sollte, fügte aber als „bedingte Empfehlung“⁠ hinzu, die tägliche Aufnahme, wenn möglich, auf 5 Prozent der Tagesbedarf-Kalorien zu beschränken. Bedingte Empfehlungen werden nach Angaben der WHO gegeben, „wenn weniger Sicherheit besteht, ‚über das Gleichgewicht zwischen Nutzen und Schaden oder Nachteilen der Umsetzung einer Empfehlung‘. Dies bedeutet, dass ‚die Politikgestaltung eine erhebliche Debatte und Einbeziehung verschiedener Interessengruppen erfordert‘, um sie in Maßnahmen umzusetzen.“[1]

Studiengrundlage

In einem Interview, erschienen im Bulletin of the World Health Organization, sagte Jim Mann, Leiter des Edgar National Centre for Diabetes and Obesity Research und des WHO Collaborating Centre for Human Nutrition in Dunedin, Neuseeland, „die neuen Befunde bekräftigten die Empfehlungen von 2003 – dass Einzelpersonen ihre Aufnahme von freiem Zucker auf weniger als 10 Prozent beschränken sollten – und liefern Hinweise dafür, dass eine weitere Reduktion von freiem Zucker auf 5 Prozent der Gesamtenergie möglicherweise zusätzliche Gesundheitsvorteile bietet.“ Er führte weiter aus: „Wir haben mit 17.000 Forschungsarbeiten begonnen, aber nach Anwendung unserer Kriterien die Auswahl auf 68 eingegrenzt. Anschließend haben wir eine Metaanalyse dieser 68 Studien durchgeführt, um die stärksten und aktuellsten Beweise zu erhalten.“[2]

Herangezogen wurden Mann zufolge randomisierte kontrollierte Studien, bei denen Individuen ihren Zuckerkonsum gegenüber einer Kontrollgruppe reduzierten sowie Kohortenstudien, bei denen der Zuckerkonsum und die Gesundheit bestimmter Gruppen über einen längeren Zeitraum beobachtet wurde. Allerdings basiert auch nach Auswertung dieser 68 Studien die 10-Prozent-Empfehlung noch immer auf Studien, die sich ausschließlich mit Karies beschäftigen und nicht mit Übergewicht – auch nicht als zusätzlichem Endpunkt. Das gleiche trifft auf alle Studien zu, die zur „bedingten“ 5%-Empfehlung führten.

Die WHO schreibt, die 10-Prozent-Empfehlung „basiert auf Evidenz von mäßiger Qualität von Beobachtungsstudien bei Zahnkaries“. Die 5-Prozent-Empfehlung basiert ausschließlich auf sogenannten Umweltstudien.[1] Umweltstudien untersuchen einen oder mehrere Risikofaktoren in einem Gebiet und setzen sie mit der Erkrankungshäufigkeit der Bevölkerungsgruppe in diesem Gebiet in Beziehung. Allerdings sind solche Studien fehleranfällig, weil angenommen wird, dass sich die untersuchten Gruppen nur hinsichtlich des interessierenden Risikofaktors, nicht aber anderer Risikofaktoren unterscheiden. Umweltstudien können zwar Hinweise auf mögliche Ursachen geben, sind aber grundsätzlich für Risikoabschätzungen ungeeignet.

Die WHO schreibt in ihrem Bericht zur 5-Prozent-Empfehlung: „Die Empfehlung, die Aufnahme von freiem Zucker weiter auf weniger als 5 Prozent der gesamten Energieaufnahme zu beschränken basiert auf Umweltstudien von sehr niedriger Qualität, in der eine positive Dosis-Wirkungsbeziehung zwischen der Aufnahme von freiem Zucker und Zahnkaries bei einer Aufnahme von freiem Zucker bei weniger als 5 Prozent der Gesamtenergieaufnahme gefunden wurde“[1]

Studien

Für die 5-Prozent- bzw. 10-Prozent-Empfehlung stützt die WHO sich auf eine von ihr in Auftrag gegebene Publikation, die 2014 erschien.[3] Darin ziehen die Autorinnen folgende Studien heran:

Studien für die 5-Prozent-Empfehlung

Hier werden drei japanische Studien aus den Jahren 1959 und 1960 angeführt, in denen der Zusammenhang zwischen Karies und Zuckerverbrauch der japanischen Bevölkerung untersucht wurde.

  • 1. Takahashi K (1959): Statistical study on caries incidence in the first molar in relation with amount of sugar consumption. Jpn J Oral Hyg 9:136. Online: [1] bzw. (in japanisch) [2]:
    Die Studie von Takahashi analysierte die Ergebnisse der Zahnuntersuchungen von 7.894 Grundschulkindern, die zwischen 1929 und 1951 geboren wurden. Takahashi sah keinen klaren Zusammenhand zwischen Zuckerkonsum zwischen der Reifungszeit der Zähne (Alter: 0 bis 5 Jahre) und der Kariesinzidenz im im ersten Backenzahn im Alter von 6 bis 11 Jahren, wohl aber im Alter von 6 bis 11 Jahren einen „engen Zusammenhang“ mit dem Zuckerkonsum des gleichen Jahres oder des Vorjahres. Wie der Zuckerkonsum bestimmt wurde, ist aus der englischsprachigen Zusammenfassung der Studie nicht ersichtlich.
  • 2. Koike H (1959): Studies on caries incidence in the first molar in relation with amount of sugar on primary school children in Kyoto. J Okayama Med Soc 72:407. Online: [3] bzw. (in japanisch) [4]:
    Die Studie von Koike, die auf die Takahashi-Studie Bezug nimmt, untersuchte bei 10.553 Kindern die Inzidenz von Karies am ersten Backenzahn. Es handelte sich hierbei um Kinder, die zwischen 1924 und 1946 geboren wurden und zwischen 1931 und 1953 Schulen in Kyoto besuchten. Über die Methodik zur Bestimmung des Zuckerkonsums findet sich in den zugänglichen Auszügen der Studie keine Angabe; es ist aber anzunehmen, dass der Pro-Kopf-Verbrauch an Zucker während Japans Beteiligung am Zweiten Weltkrieg (1937 bzw. 1941 bis 1945) niedriger war als vorher. Die Studie kam zu dem Schluss: „Die Kariesinzidenz für ein Jahr hängt sehr eng mit dem Zuckerkonsum während des Jahres zusammen. Es wird auch angenommen, dass ein Einfluss der Kariesinzidenz auf den einzelnen Zahn unabhängig vom Zuckerkonsum immer ein gleiches Altersmuster zeigt.“
  • 3. Okuya Y (1960): The epidemiological study of the relation between caries incidence and sugar consumption on the second molar. Shikwa Gakuho 60:1120-1134:
    Moynihan und Kelly bzw. die WHO interpretieren diese Studien als Beleg, dass eine logarithmisch-lineare Beziehung zwischen Zahnkarieszunahme in den ersten permanenten Molaren im Alter von 7 bis 8 Jahren und einer Zuckeraufnahme zwischen 0,2 kg und 5-7,5 kg pro Person und Jahr besteht (Takahashi-Studie). Die von Koike publizierte Studie belege eine logarithmisch-lineare Beziehung zwischen dem Zuckerkonsum und der jährlichen Kariesinzidenz im Bereich einer Zuckeraufnahme von 0,1 bis 15 kg / Person / Jahr. Die Korrelation zwischen Zucker und Zahnkaries betrug danach bei den unteren ersten permanenten Molaren r = +0,8 und bei den oberen ersten permanenten Molaren r = +0,6. Okuya habe gezeigt, dass die Inzidenz von Zahnkaries abnahm (aber nicht bis null), wenn die Zuckerverfügbarkeit von 15 kg auf <10 kg pro Person und Jahr abnahm.

Moynihan und Kelly schreiben selbst: „Die Studien wurden in Populationen mit geringer Fluoridexposition durchgeführt und zeigen somit eine indirekte Extrapolation auf Populationen mit guter Fluoridexposition. Der GRADE-Qualitätsbewertungsprozess charakterisierte die Qualität dieser Nachweise als sehr gering. Nur 3 weltweite ökologische Studien ermöglichten den Vergleich der durchschnittlichen DMFT von 12-Jährigen, wenn die jährliche Verfügbarkeit von Pro-Kopf-Zucker weniger als 10 kg gegenüber mehr als 10 kg bis weniger als 20 kg betrug. Von diesen zeigte eine niedrigere durchschnittliche DMFT bei Kindern, die weniger Zucker konsumierten.“[3]

Studien für die 10-Prozent-Empfehlung

Hier berufen sich die Autorinnen fünf Kohorten-Studien aus den Jahren 1984, 1986, 1999, 2001 und 2004, die allesamt an Kindern durchgeführt wurden.

  • 1. Rugg-Gunn AJ, Hackett AF, Appleton DR, Jenkins GN, Eastoe JE (1984): Relationship between dietary habits and caries increment assessed over two years in 405 English adolescent school children. In: Arch Oral Biol 29:983-992. Online: [5]:
    Diese Studie untersuchte 405 Grundschulkinder hinsichtlich Zuckerkonsum und Karies. Der Zuckerkonsum wurde anhand eines Tagebuchs festgestellt, bei dem die Kinder insgesamt 15 Einträge an vorbezeichneten Tagen vornehmen mussten: zwei Einträge über einen Zeitraum von jeweils drei Tagen zwischen September 1979 und Juli 1980 sowie drei Einträge über ebenfalls je drei Tage zwischen August 1980 und Juli 1981. Die Autoren schreiben: „Die Zunahme von Karies war gering, zumeist (58 Prozent) handelte es sich um Fissurenoberflächen. Die Korrelationen zwischen Karieszunahme und Ernährungsfaktoren waren aufgrund der beobachteten geringen Karieszunahme und des großen Fehlers im Zusammenhang mit Ernährungsdaten, bei denen versucht wurde, zwischen Individuen zu unterscheiden, gering. Die höchste Korrelation bestand zwischen Karieszunahme und dem Gewicht der täglichen aufgenommene Zuckermenge (+0,143, p< 0,01). Allerdings gab es auch eine positive, statistisch signifikante Korrelation zwischen Milchkonsum und Karies sowie zwischen Vitamin-D-Gabe und Karies. Die Autoren leiten allerdings keine Empfehlung für eine Höchstmenge an täglichem Zuckerkonsum ab.
  • 2. Stecksen-Blicks C, Gustafsson L (1986): Impact of oral hygiene and use of fluorides on caries increment in children during one year. In: Community Dent Oral Epidemiol 14:185-189. Online: [6]:
    Die Studie untersuchte den Zusammenhang zwischen Mundhygiene und dem Einsatz von Fluoriden bei Kindern, bei denen die Häufigkeit von Mahlzeiten, die Zuckeraufnahmemenge sowie die Prävalenz von zwei Bakterienarten im Speichel – Lactobacilli und der Karieserreger Streptococcus mutans – bekannt waren. Die Ergebnisse beruhen auf der Auswertung von Daten von 83 Achtjährigen und 88 13jährigen Kindern aus Umea/Schweden. Die tägliche Zuckeraufnahme wurde aus einem Ernährungstagebuch der Kinder ermittelt und berechnet. Die Autoren fassen im Abschnitt „Diskussion“ ihres Artikels zusammen, dass häufiger Mahlzeiten und höherer Zuckerkonsum sowie ein höherer Gehalt an Bakterien im Speichel mit einem erhöhten Vorkommen von Karies korreliert. Gute Mundhygiene sowie die Verabreichung von Fluoriden seien wiederum geeignet, die Kariesbildung zu reduzieren. Die tägliche Zuckeraufnahme betrug bei den Kindern mit wenig Karieszunahme 46,2 ± 17,1 g (8jährige Kinder) und 52,4 ± 28,8 g (13jährige) Zucker/Tag, bei denen mit stärkerer Zunahme 51,1 ± 20,4 (8j.) bzw. 76,9 ± 37,5 g Zucker/Tag. Die Autoren geben keine tägliche Kalorienaufnahme an und leiten keinen Zuckerrichtwert ab.
  • 3. Rodrigues CS, Watt RG, Sheiham A (1999). Effects of dietary guidelines on sugar intake and dental caries in 3-year-olds attending nurseries in Brazil. Health Promot Int 14:329-335. Online: [7]:
    Die Studie beruhte auf der Untersuchung von 510 3jährigen Kindern aus ärmlichen Verhältnissen, die täglich für etwa 8 bis 9 Stunden einen Kindergarten in Brasilien besuchten. In dieser Studie wurde die Zuckeraufnahme über die exakte Gewichtsbestimmung der im Kindergarten aufgenommenen Nahrung und ihres Zuckergehalts während insgesamt sechs Tagen bestimmt; der Zuckergehalt von zuhause eingenommenen Mahlzeiten wurde aufgrund der Angaben der Eltern bei einer Befragung anhand eines standardisierten Fragebogens kalkuliert. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass „Kinder, die im Kindergarten mehr als 32,6 g Zucker pro Tag konsumierten, mit 2,75-facher Wahrscheinlichkeit einen größeren Zuwachs an Karies als Kinder, die bis zu 32,6 g konsumierten (OR = 2,75; 95% CI = 1,29 ± 5,85). Die Koinzidenzintervalle (CI) waren breit. Bei Kindern, die im Kindergarten täglich mehr als 32,6 g Zucker konsumierten, bestand jedoch ein um mindestens 29% höheres Risiko für eine Zunahme der Karies.“ Allerdings betonen die Autoren einen großen Einfluss von Fluoridierung und einer regelmäßigen Zahnreinigung mit Zahnbürsten bei der Eindämmung der Karies.
  • 4. Karjalainen S, Söderling E, Sewon L, Lapinleimu H, Simell O (2001): A prospective study on sucrose consumption, visible plaque and caries in children from 3 to 6 years of age. Community Dent Oral Epidemiol 29:136-142. Online: [8]:
    Hier untersuchten die Autoren in Finnland die Zahngesundheit und Mundhygiene von 135 Kindern im Durchschnittsalter von etwa drei Jahren sowie erneut im Alter von etwa sechs Jahren. Zuckerkonsum und Zahnputzverhalten wurden durch Befragung der Eltern ermittelt. Zusätzlich wurde der Zuckerkonsum anhand von Ernährungstagebüchern (Zeitraum: vier Tage) analysiert. Sie schlussfolgern aus den Ergebnissen, „dass die Manifestation von Zahnkaries im Alter von 6 Jahren mit einer höheren täglichen Saccharoseaufnahme verbunden zu sein schien, die bereits im Alter von 3 Jahren begonnen hatte. Darüber hinaus kann eine Kombination aus mehr als einmal wöchentlichem Konsum von Süßigkeiten und sichtbarem Plaque im Alter von 3 Jahren die Zahngesundheit 3 Jahre später vorhersagen. Allerdings berichten sie auch von im Alter zunehmend schlechterer Zahnhygiene: „Die Verschlechterung der Mundhygiene trotz verbesserter Geschicklichkeit war jedoch unerwartet.“ Die meisten der untersuchten 6jährigen putzten nur einmal am Tag. Der tägliche Zuckeranteil an der Energieaufnahme betrug bei Kindern ohne Karies 8,9 ± 3,4% (3jährige) und 8,8 ± 2,8% (6jährige) und bei Kindern mit Karies 10,2 ± 3,1 (3jährige) bzw. 10,7 ± 3,6 (6jährige). Die Autoren geben keine Mengenempfehlung ab.
  • 5. Ruottinen S, Karjalainen S, Pienihakkinen K, Lagström H, Niinikoski H, Salminen M, et al. (2004): Sucrose intake since infancy and dental health in 10-year-old children. Caries Res 38:142-148:
    Die Autoren analysierten den Zusammenhang von langfristigem Saccharosekonsums mit der Zahngesundheit bei Kindern mit den höchsten (n = 33, 18 Jungen) und den niedrigsten 5 Perzentilen (n = 33, 21 Jungen) der Saccharoseaufnahme prospektiv vom Säuglingsalter bis zum Alter von 10 Jahren. Beobachtet wurden 1.054 Familien mit 7 Monate alten Kindern, die nach dem Zufallsprinzip in eine Kontrollgruppe bzw. Eine Interventionsgruppe eingeteilt wurden. Letztere erhielten eine individuelle Ernährungsberatung mit dem Ziel, die Aufnahme von gesättigten Fettsäuren und Cholesterin durch das Kind zu verringern und entsprechend die Aufnahme von einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren zu erhöhen. Ernährungsgewohnheiten wurden per Tagebuch ermittelt, in dem die Familien bzw. Betreuungseinrichtungen die Nahrungsaufnahme der Kinder von bis zum Alter von 7 Jahren alle 6 Monate und darüber hinaus einmal jährlich (zweimal bei der Interventionsgruppe) für jeweils 3 bzw. 4 aufeinanderfolgende Tage aufzeichneten. Die Entwicklung der Kinder wurde verfolgt, bis sie ein Alter von 10 Jahren erreichten. Die Autoren kommen zu dem Schluss: „Kinder in der Gruppe mit hoher Saccharoseaufnahme hatten im Durchschnitt doppelt so viele Zähne mit früherer oder gegenwärtiger Karies wie Kinder in der Gruppe mit niedriger Saccharoseaufnahme. Dieser Befund war wie erwartet, aber die Unterschiede waren deutlicher als wir angenommen hatten. Wir fanden keine Unterschiede in den Zahnputzgewohnheiten oder in der Verwendung von Xylit zwischen den beiden Gruppen. Da diese kariespräventiven Maßnahmen in beiden Gruppen gleichmäßig angewendet wurden, bleibt der Saccharosekonsum einer der wahrscheinlichsten Gründe für die unterschiedliche Zahngesundheit in beiden Kindergruppen.“ Die Autoren berichten darüber hinaus: „Obwohl postuliert wurde, dass eine übermäßige Saccharoseaufnahme wegen einer Zufuhr von mehr Energie zur Ernährung zu Fettleibigkeit führen kann, fanden wir in unserer Studie keinen Hinweis darauf, da keine Unterschiede in Bezug auf Wachstum und Gewichtszunahme zwischen den beiden Gruppen von Kindern beobachtet wurden.“

Kritik an der Studiengrundlage

Die Empfehlungen zur Zuckerreduktion auf 10 bzw. 5 Prozent der Gesamtenergieaufnahme beruhen allesamt auf Beobachtungsstudien bzw. Umweltstudien zur Kariesbildung an Kindern, die überhaupt nicht dazu angelegt waren, Empfehlungen für einen zulässigen Zuckerkonsum zu erarbeiten. Beobachtungsstudien können nur Korrelationen, niemals jedoch Kausalitäten (also Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge) liefern, so dass sich auf einer solchen Basis gerade keine ursächlichen Zusammenhänge ableiten lassen. Besonders kritisch ist in diesem Zusammenhang die Datenqualität zu beurteilen, aufgrund derer die 5-Prozent-Empfehlung abgeleitet wurde. Denn die WHO stützt sich hierbei ausschließlich auf drei ökologische Studien aus Japan, die einen vermeintlichen Zusammenhang zwischen Pro-Kopf-Zuckerabsatz und der Kariesentwicklung aufzeigen. Die Untersuchungen stammen aus den 1950er Jahren und wurden an Kindern mit Geburtsjahren von 1924+ gemacht, d.h. mit Kindern, die unter völlig anderen soziokulturellen Bedingungen aufwuchsen als wir sie heute, mehr als ein halbes Jahrhundert später, vorfinden. Es war stattdessen eine Zeit, zu der Fluoridierungsmaßnahmen noch keine Rolle spielten, so dass ein wichtiger Einflussfaktor unberücksichtigt bleibt. Darüber hinaus waren diese Jahre durch Hunger und Lebensmittelknappheit geprägt (Nachkriegszeit) und ein Nährstoffmangel ist nachweislich mit negativen Folgen für die Zahngesundheit verbunden. Möglicherweise sind also ganz andere Ursachen für die Interpretation von Bedeutung. Bei den Studien handelt es sich außerdem keinesfalls um neue Ergebnisse, wie dies von der WHO postuliert wurde. Ebenfalls ist zu betonen, dass die Autoren des Reviews selbst anmerken, dass die Evidenz für die 5-Prozent-Empfehlungen als sehr niedrig zu beurteilen ist.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 WHO (4. März 2015): Guideline: sugars intake for adults and children.
  2. WHO: The science behind the sweetness in our diets. In: Bulletin of the World Health Organisation.
  3. 3,0 3,1 Moynihan, P. J., & Kelly, S. A. M. (2014): Effect on Caries of Restricting Sugars Intake: Systematic Review to Inform WHO Guidelines. In: Journal of Dental Research, 93(1), 8–18. https://doi.org/10.1177/0022034513508954